Sinnvoller Einsatz von KI im Deutschunterricht der 8. Klasse am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium
Das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium hat mit der Einführung der KI-Plattform fobizz einen entscheidenden Schritt in Richtung einer zukunftsorientierten Bildung gemacht. Diese Plattform, die datenschutzkonform ist und in ihrer Bedienung ChatGPT ähnelt, bietet Schülerinnen und Schülern vielfältige Möglichkeiten, ihre Kompetenzen im Deutschunterricht zu erweitern und zu vertiefen. Besonders in der Unterstützung bei der Korrektur von Übungsaufsätzen zeigt die KI ihr Potenzial.
Vorgehensweise: KI-gestützte Korrektur von Übungsaufsätzen
Die innovative Anwendung der KI im Schreibtraining folgt einer klar strukturierten Vorgehensweise, die Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler aktiv einbindet:
Festlegen von Kriterien durch die Lehrkraft
Zunächst legt die Lehrkraft spezifische Korrektur- und Bewertungsmaßstäbe fest. Dazu gehören Aspekte wie Rechtschreibung, Grammatik, Satzbau, Ausdruck und inhaltliche Tiefe. Die Gewichtung dieser Kriterien orientiert sich an den Anforderungen einer Schulaufgabe.
Schreiben des Übungsaufsatzes
Die Schülerinnen und Schüler verfassen ihren Übungsaufsatz handschriftlich – genau wie bei einer echten Schulaufgabe, um im Vorfeld festzustellen, ob sie im vorgegebenen Zeitrahmen die Aufgabe wirklich bewältigen können. Dies ist auf Papier wie auch auf dem Tablet möglich.
Digitalisierung des Aufsatzes
Nach Fertigstellung fotografieren die Schülerinnen und Schüler ihren Aufsatz und laden das Foto bzw. den Screenshot in eine KI-unterstützte App hoch. Dabei wird schlecht Lesbares automatisch hervorgehoben, sodass die Schülerinnen und Schüler es überarbeiten können. Wer ordentlich schreibt, muss aber fast nichts mehr verbessern. Dies schult nachhaltig das saubere Abfassen von Dokumenten! Der Text wird anschließend digitalisiert.
KI-gestützte Korrektur und Feedback
Die KI korrigiert den digitalen Text auf Basis der zuvor definierten Kriterien. Sie markiert Fehler, gibt Verbesserungsvorschläge und liefert ein strukturiertes Feedback. Dieses umfasst konkrete Hinweise zu Schwachstellen und, wenn nötig, Vorschläge für zusätzliche Übungen. Durch entsprechende Voreinstellungen der Lehrkraft können formale Fehler (Rechtschreibung, Wortwiederholungen, Satzzeichenfehler, Grammatikverstöße etc.) markiert werden, sodass die Schülerinnen und Schüler in einer überarbeiteten, zweiten Version selbst ihre Fehler verbessern und schnell ein zweites, meist positives und motivierendes Feedback erhalten.
Vorteile der KI-gestützten Korrektur
Der Einsatz von KI im Korrekturprozess bietet zahlreiche Vorteile: Zum einen liefert es ein Zusatzübungsangebot, denn Schülerinnen und Schüler können ohne großen Mehraufwand zusätzliche Schreibübungen absolvieren, um sich gezielt auf Klassenarbeiten vorzubereiten. Zum anderen erhalten sie eine schnelle Rückmeldung, da die KI unmittelbar nach dem Hochladen des Textes ein Feedback liefert. So können Schülerinnen und Schüler zeitnah ihre Fehler analysieren und aus diesen lernen. Und auch wenn wir bald durch die 1:1-Ausstattung die Schülerschaft vollständig mit digitalen Endgeräten versehen haben werden, bleibt eines immer noch beim Alten: Schulaufgaben und Exen werden mit der Hand geschrieben, ohne technische Hilfsmittel. Daher muss das handschriftliche Abfassen von Texten auch weiterhin geübt werden. Durch die Digitalisierung handschriftlicher Aufsätze bleibt die Praxis erhalten, wie sie auch in Schulaufgaben gefordert wird. Gleichzeitig lernen die Schülerinnen und Schüler den Übergang zur digitalen Bearbeitung.
Der gezielte Einsatz von KI bietet aber die Chance der individuellen Förderung: Die KI kann gezielt auf typische Fehler eingehen und personalisierte Übungsaufgaben vorschlagen. Wenn alle Schülerinnen und Schüler die digitale Aufgabe ernsthaft bearbeiten, liefert die KI sogar eine Übersicht über die Stärken und Schwächen einer Lerngruppe, sodass die Lehrkraft dann ganz gezielt den Unterricht auf die Bedürfnisse der Klasse abstimmen kann.
Nachteile und Herausforderungen
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Schwächen, die den Einsatz der KI einschränken können: Die KI kann in manchen Fällen korrekte Formulierungen fälschlicherweise als Fehler markieren, was zu Verwirrung führen kann. Zudem gibt sie oft ein zu positives, sehr wohlwollendes Feedback, wodurch Schülerinnen und Schüler den Eindruck erhalten könnten, ihr Text sei besser als er tatsächlich ist. Auch hängt die Qualität der Korrektur stark von der Lesbarkeit der Handschrift und der Genauigkeit der Digitalisierung ab. Die größte Schwäche der KI besteht darin, dass sie die Kreativität der Schülerlösungen nicht würdigen kann. Während sie oberflächliche Fehler gut erkennt, bleibt eine tiefere Analyse von kreativen oder inhaltlich komplexen Texten eine Herausforderung, die weiterhin menschliche Expertise erfordert. Daher stellt ihr Einsatz eine sinnvolle Erweiterung der Übungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler dar, ersetzt aber die Lehrerkorrektur nicht.
Anwendungsbeispiele von KI im Deutschunterricht
Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen QR-Code und können dann Projekte im eigenen digitalen Klassenraum mit unterschiedlichen KI-Instrumenten nutzen. Diese schaltet die Lehrkraft je nach Aufgabe frei.
1. Einstiegsbilder für Referate generieren
Die Schülerinnen und Schüler können mithilfe von fobizz kreative und thematisch passende Einstiegsbilder für ihre Referate erstellen. Dies fördert nicht nur die visuelle Unterstützung ihrer Präsentationen, sondern auch die Fähigkeit, Texte und Themen prägnant in Bildideen zu übersetzen. Nur wer sein Thema richtig verstanden hat, verfügt über die entscheidenden Prompts, um sich ein passendes Bild kreieren zu lassen.
2. Thesenblätter Korrektur lesen lassen
Mit der KI können Thesenblätter auf Grammatik, Rechtschreibung und Stil überprüft werden. Dadurch wird ein professionelleres Arbeiten ermöglicht und Schülerinnen und Schüler lernen aus ihren Fehlern.
3. Komplexe Texte in einfache Sprache umschreiben
Oft stellen schwierige Texte eine Hürde für schwächere Schülerinnen und Schüler dar. Sie sind dann schnell frustriert und die Motivation, sich Informationen zu einem Thema zu verschaffen, wenn der Text lang und komplex ist, sinkt schnell. Die KI kann Inhalte verständlicher formulieren, ohne deren Kerninformationen zu verlieren. Dies erleichtert den Zugang zu literarischen und fachlichen Texten. Mit dem Tool „Leichte Sprache“ können sich auch Schülerinnen und Schüler mit Lese-Rechtschreib-Störung schnell Inhalte aneignen und Jugendliche mit Deutsch als Zweitsprache trainieren das Lesen und Erfassen von Texten aller Art.
4. Fehleranalyse und gezielte Übungserstellung
Die KI kann typische Fehler in Texten markieren und analysieren. Auf dieser Basis lassen sich individuelle Übungsaufgaben erstellen, die gezielt auf Schwächen der Schülerinnen und Schüler eingehen – ideal zur Vorbereitung auf Klassenarbeiten.
Die Voraussetzung: Verstehen durch den Menschen
Die sinnvolle Nutzung einer KI setzt jedoch voraus, dass Schülerinnen und Schüler Texte selbst lesen und verstehen können. Eine KI liefert keine absolut zuverlässigen Ergebnisse, da sie auch „halluzinieren“ kann.
Was bedeutet Halluzination in der KI?
Halluzinieren beschreibt die Eigenschaft einer KI, plausible, aber falsche oder erfundene Inhalte zu erstellen. Beispiel: Auf die Frage „Wer hat die Novelle Der Sandmann geschrieben?“ könnte eine halluzinierende KI fälschlicherweise antworten: „Die Novelle wurde von Johann Wolfgang von Goethe geschrieben.“ Tatsächlich stammt sie von E.T.A. Hoffmann. Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, KI-Ergebnisse kritisch zu hinterfragen und sie mit fundierten Kenntnissen zu überprüfen.
Vorkenntnisse und der Umgang mit Prompts
Um eine KI effektiv nutzen zu können, sind Vorkenntnisse nötig, besonders im Bereich des Promptings.
Was sind Prompts?
Prompts sind Eingabeanweisungen, mit denen Nutzerinnen und Nutzer der KI mitteilen, was sie tun soll. Die Qualität der Eingabe bestimmt dabei maßgeblich die Qualität der Ausgabe.
Beispiel für schlechtes Prompting:
Prompt: „Erzähl mir etwas über Schiller.“
Ergebnis: Eine ungenaue Antwort wie „Schiller war ein deutscher Dichter.“
Verbessertes Prompting:
Prompt „Erkläre in fünf Sätzen, wer Friedrich Schiller war, und nenne seine wichtigsten Werke.“
Ergebnis: Eine präzisere und ausführlichere Antwort, die Schillers Bedeutung sowie seine Werke wie Die Räuber oder Wilhelm Tell umfasst.
Fazit
Der Einsatz von fobizz im Deutschunterricht eröffnet neue didaktische Möglichkeiten, fördert individuelles Lernen und stärkt die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Gleichzeitig bleibt die Rolle des kritischen Denkens und Lesens zentral. Nur wer versteht, wie KI arbeitet, ihre Grenzen kennt und sie gezielt einsetzt, kann ihren vollen Nutzen entfalten. Lehrerinnen und Lehrer am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium tragen somit dazu bei, den Unterricht nicht nur moderner, sondern auch zukunftsfähig zu gestalten.
Jasmin König